Aquaristik

Ihr letztes Stündlein hat geschlagen


-Ein Bericht zum Nachdenken aus Aqualognews von Frank Schäfer-

Ökologen auf der ganzen Welt sind sich einig: nur die Zerstörung ihrer Lebensräume ist für das weltweit zu beklagende massenhafte Artensterben verantwortlich. Die unmittelbare Verfolgung durch den Menschen mag in manchen, besonders gelagerten Einzelfällen, vielleicht zum Rückgang oder gar zur Ausrottung einzelner Arten führen - insgesamt gesehen, sind diese Fälle jedoch vernachlässigbar.

Ganz besonders hart trifft es die Kleintiere. Diese Tiere sind nicht in der Lage abzuwandern, wenn sich ihre Lebensbedingungen verschlechtern. Sie leben und sterben mit ihrer Umgebung. Je spezialisierter eine Art ist und je kleiner ihr natürliches Vorkommensgebiet, desto höher ist ihr Gefährdungsgrad. Noch lange nicht alle Tiere, die auf der Erde leben, sind bekannt. Derzeit geht man von ca. 1.3 Mio Arten aus. 1 Mio. davon sind Insekten. Die Fische, mit ca. 30 000 derzeit bekannten Arten, erscheinen dagegen fast artenarm. Jedoch schätzen alle Taxonomen (das sind Biologen, die sich mit der Klassifizierung von Arten beschäftigen), dass nur ein Bruchteil der tatsächlich existierenden Arten bereits wissenschaftlich erfasst ist. Hier kommt der Aquaristik bereits eine wichtige Rolle zu: Kleinfische der Tropen werden oft erst dank der detaillierten Beobachtungen der Aquarianer als eigenständige Arten erkannt. Fangreisen von spezialisierten Aquarianern führen immer wieder zu Neuentdeckungen von Arten und auch über den Importhandel können viele taxonomische Probleme, die sich an Museumsexemplaren alleine nicht klären lassen, gelöst werden.
Botia sidthimunki, die Schachbrettschmerle, mag als Beispiel dienen. Sie wurde erst 1959 wissenschaftlich entdeckt - dank eines Aquarienfisch-Imports. In den späten 80er Jahren brachen die Wildbestände plötzlich zusammen. Die Ursachen sind bis heute unbekannt, doch wird im allgemeinen ein Staudamm, der die Wanderwege der Tiere versperrte, dafür verantwortlich gemacht (die Art führt Laichwanderungen durch). Da die Art aquaristisch begehrt ist, wurden Erhaltungszuchtprogramme gestartet, die den Erfolg hatten, daß heute wieder große Stückzahlen für das Hobby zur Verfügung stehen. Ohne die Aquaristik wäre die Art weder entdeckt worden, noch hätte man ihr Aussterben bemerkt.
Alle anderen hochgradig gefährdeten Kleinfische sind leider aquaristisch unbedeutend. Zwar wurde z.B. der seltenste und bedrohteste aller Kampffische, Betta brownorum, (geschieht nicht ein Wunder, muß man davon ausgehen, daß die Art wegen der katastrophalen Waldbrände auf Borneo in Kürze aussterben wird) von forschenden Aquarianern entdeckt - die Haltung und Zucht der Art ist aber so aufwendig, daß nur wenige Spezialisten sich mit ihr beschäftigen. Doch für Betta coccina (Population Malaiische Halbinsel), einem weiteren hochgradig gefährdeten Kampffisch, wird bereits ein internationales Zuchtbuch geführt - eine Maßnahme, die Hoffnung macht. Andere stark bedrohte Arten, wie bestimmte Lebendgebärende Zahnkarpfen (Poeciliidae), Hochlandkärpflinge (Goodeidae) oder Killifische (verschiedene Familien), existieren bereits nur noch in Gefangenschaft. Da es meist unscheinbar gefärbte Arten sind, besteht keine Nachfrage nach ihnen. Doch ohne den Enthusiasmus begeisterter Aquarianerinnen und Aquarianer wären diese Geschöpfe bereits von unserem Erdball unwiederbringlich verschwunden.

Guter Wille, Tierliebe und Opferbereitschaft alleine genügen nicht, um diese Arten zu erhalten. Auch das Handwerk Aquaristik und Fischzucht muß beherrscht werden, damit Arterhaltungszuchten betrieben werden können. Somit wächst in jedem Neueinsteiger in das Hobby Aquaristik ein künftiger potentieller Artenschützer und Arterhalter heran. Es ist leider zu befürchten, dass wir in Zukunft noch sehr viele davon bitter nötig haben werden.




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© Eva-Maria Schubert-Laudenklos